Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Gewerkschaftsschule Mistelbach, herzlich willkommen hier im Haus! (Beifall bei der SPÖ.)
Wasser ist nicht nur Grundnahrungsmittel, ist nicht nur Lebensmittel, Wasser ist Überlebensmittel. Wir haben jahrzehntelang dabei zuschauen können, wie der IMF und die Weltbank einige Länder, vor allem Entwicklungsländer, dazu gezwungen haben, Leistungen der Daseinsfolge, vor allem der Wasserversorgung, zu liberalisieren – wie das so schön geheißen hat –, sprich zu privatisieren. Die Konsequenzen waren mehr als fatal. Wir wissen, überall sind die Preise gestiegen, ist die Qualität schlechter geworden, und steigende Preise und sinkende Qualität führen dazu, dass die Menschen sich zum Teil Wasser in Flaschen kaufen mussten; das ist gerade für die Ärmsten wirklich eine lebensbedrohliche Katastrophe. Die Einzigen, die dabei gewonnen haben, waren die Konzerne.
Daseinsvorsorge zu privatisieren, Leistungen der Daseinsvorsorge zu privatisieren geht selten gut, und ganz besonders dann nicht, wenn es um Wasser geht. Ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass ich im Jahr 2001 – als damals stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses im Wiener Gemeinderat – federführend daran beteiligt war, die Wiener Wasserversorgung unter Verfassungsschutz zu stellen, mit § 3a Abs. 2 des Wiener Wasserversorgungsgesetzes.
Dass dieser Schutz sich bewährt hat, das zeigt sich unter anderem auch daran, dass gerade heute – vor ungefähr einer halben Stunde – im Wiener Gemeinderat ein Allparteienantrag beschlossen worden ist, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, das Wasser de facto unter Schutz zu stellen, die Wasserversorgung unter Schutz zu stellen und die Gebietskörperschaften dabei zu unterstützen. Ich denke, mit diesem Antrag, den wir heute als Regierungsparteien eingebracht haben, kommen wir diesem Auftrag auch durchaus nach.
Lassen Sie mich noch einmal zur Wiener Situation kommen! Ich habe selten vor einer politischen Entscheidung so eine Ehrfurcht, wie vor jener, die in den 1860er Jahren gefallen ist, nämlich die erste Hochquellwasserleitung zu bauen, die heuer 140 Jahre alt wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Mag. Stefan.) Das war damals eine unglaubliche Investition und unglaublich viel Geld, aber eine Investition, von der Wien bis heute profitiert, mit hochqualitativem Wasser profitiert. (Abg. Kickl: Wer war denn damals Bürgermeister?)
Es werden 380 Millionen Liter Wasser pro Tag im natürlichen Gefälle nach Wien transportiert. Es gibt über 3 000 Kilometer Rohrnetz, über 100 000 Anschlussstellen, die gewartet und gepflegt werden. Und es ist auch ganz selbstverständlich, dass die Quellschutzgebiete Hirschwang, Nasswald und Wildalpen, die im Besitz der Gemeinde Wien sind und in Summe 33 500 Hektar ausmachen, auch nachhaltig bewirtschaftet werden. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Das kostet übrigens 15 Millionen € im Jahr, und damit erklärt sich auch der Wasserpreis – zu dem komme ich dann noch –, der sich aber auch im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen kann.
Es ist in Wien viel investiert worden, um Wasserverluste zu verringern. Es gibt ungefähr ein Viertel weniger Wasserverbrauch als noch in den 1970er Jahren, einerseits durch Sanierung des Rohrnetzes, andererseits durch wassersparende Haushaltsgeräte.
Zu den Kosten: 1 Kubikmeter Wasser kostet in Wien 1,73 € (Abg. Scheibner: Das ist eine Menge!), das ist, wenn man es mit den anderen Städten Europas vergleicht, am alleruntersten Ende der Kostenskala. Wenn man bedenkt, dass jeder Mensch in Wien im Schnitt 130 Liter Wasser pro Tag alleine daheim verbraucht und eine dreiköpfige Familie dafür etwa 300 € im Jahr zahlt, dann denke ich mir, dass die Kosten durchaus angemessen sind.
Die Qualität des Wiener Wassers – und das gilt genauso für die Qualität des Wassers von vielen Siedlungswassergenossenschaften, von vielen anderen kommunalen Verbänden, die Wasser bereitstellen – kommt nur dadurch zustande, dass es einerseits einen wirklich tollen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt und dass es andererseits den politischen Willen gibt, dieses wichtige Gut, dieses wichtige Überlebensgut Wasser in dieser Qualität bereitzustellen.
Diesen österreichischen Schatz Wasser und die Investitionen, die daran hängen, einfach in den Rachen von Konzernen zu werfen, wo klar ist, die wollen nichts damit, außer Profit zu machen, wäre wirklich ein Verbrechen einerseits an der Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher und andererseits an der Lebensqualität in in diesem Land. Ich bin daher sehr froh über diesen heutigen Antrag und hoffe, dass er breite Unterstützung findet, weil ich glaube, dass unserem Wasser wirklich unser aller politischer Schutz gebührt. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
17.14
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